Um den 1974er Ford F-100 legal auf die Straße zu bringen, braucht es mehr als ein bisschen Basteltalent. Im zweiten Teil der Geschichte ‚Ein Ford F-100 für´s Leben‚ lest ihr, wie der Pick-up endlich seine Plakette erhält und wie ihn ein Teilespender vor dem Exitus rettet.

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Ohne TÜV keine Zulassung. Ohne Zulassung keine US-Car-Treffen. Ole ist das völlig klar. Seit eineinhalb Jahren pfriemelt er nun schon an seinem Pick-up herum, streckenweise unterstützt von seinem Freund Knut. Doch es ist nicht nur die Auspuffanlage, die noch nicht den Vorstellungen des technischen Überwachungsvereins entspricht. Die Felgen haben keine ABE, die Lenkung macht immer wieder Probleme, die Trabi-Tanks neigen in Kurven zu Inkontinenz und die Bremsschläuche zeigen sich auch nicht mehr von der geschmeidigen Seite.

Die Liste der kleinen und größeren Mängel lässt sich noch eine Weile fortsetzen. Ohne professionelle Hilfe wird der Bauernhof in Pippensen für den F-100 zur Endstation, das weiß Ole. Die 7000,- DM, die die nahe gelegene US-Car-Werkstatt aufruft, um den Pick-up „TÜV-fertig“ zu machen, lassen ihn gehörig schlucken. Mangels Alternativen erteilt er den Auftrag. Schließlich soll ja der Traum, mit dem eigenen V8 durchs Alte Land zu cruisen, endlich in Erfüllung gehen.

Zulassung für den Pick-up

Einige Wochen später ist es dann soweit: An der Stoßstange prangt das Kennzeichen, das für den Pick-up endlich ein Dasein außerhalb seines Schweinestalls und für Ole die große weite V8-Welt bedeutet. Die Ebbe auf dem Bankkonto ist vergessen. Die neue Auspuffanlage, die schicken Felgen und das coole Gefühl, mit einem amerikanischen Pick-up durch die Lande zu blubbern, bedeuten Ole mehr als die roten Zahlen auf dem Papier, an die man sich als Alt-Blech-Liebhaber ohnehin gewöhnt.

Ole und sein Ford F-100 fressen in dieser Zeit viele Kilometer, besuchen US-Car-Treffen oder lassen sich einfach auf dem Asphaltband treiben, das irgendwo am Horizont endet. Einzig die LKW-Zulassung des Ford stört. „Sonntags auf ein Treffen war immer ein bisschen riskant, und die Kosten fraßen mich langsam auf“, erinnert sich Ole, „aber 1999 war der Pick-up noch keine dreißig Jahre alt, also nix mit H-Kennzeichen.“

Immer wieder Probleme mit der Lenkung

Störend ist außerdem der riesige Wendekreis, den der Ford F-100 trotz reparierter Lenkung immer noch hat. Als der Lenkarm 2001 zum zweiten Male bricht (diesmal beim Rangieren an einer Tankstelle), stellen die Jungs von Oles Werkstatt fest, dass die Vorderachse des Pick-up ursprünglich aus einem Ford Transit stammt. Kein Wunder, dass da nichts zusammen passt! Der neu angefertigte und verstärkte Lenkarm wird direkt an der Tankstelle, die für den gestrandeten F-100 für einige Wochen Zwangsheimat war, in die Lenkungsmechanik eingebaut. Praktisch, dass man bei so einem hochbeinigen Gefährt eigentlich nie auf eine Hebebühne angewiesen ist.

Ein paar Wochen geht das Ganze gut, bis Ole unterwegs plötzlich feststellt, dass sein Ford eigene Wege fährt. Auf seine Lenkbefehle reagiert der Truck indifferent und wenig vorhersehbar. Nur knapp entgehen sie einer Havarie mit der Leitplanke und schaffen es gerade noch bis nach Hause. Die Diagnose ist simpel: ein völlig verbogenes Lenkgestänge.

Nachdem nun endgültig klar ist, dass die Transitachse mit ihrer Aufgabe im F-100 überfordert ist, kommen die Freunde Ole und Knut zum logischen Schluss. Eine neue Vorderachse muss her. Ein Anbieter in den USA verlangt 3500 Euro. „Zu teuer“, befindet TJ, den die beiden Hobbyschrauber zu Rate gezogen haben. „Dann nimm doch einfach den, der hier bei mir in der Scheune steht, als Teilespender“, schlägt er Ole vor. Für 2500 Euro wird Ole Besitzer eines zweiten Pick-up. Diesmal ist ein Ford F-100 ein 77er Custom in rot.

Aus Zwei mach Eins

Doch nicht nur die Vorderachse des roten Pick-up soll gespendet werden. Die zwei Freunde haben die ehrgeizige Idee, die besten Teile des Einen mit dem Erhaltenswerten des Anderen zu verbinden. Denn auch der Motor des Teilespenders scheint mit seinen 240 PS aus 351cui attraktiver als der bisherige 302er. Dafür muss der rote Pick-up aber nach Hamburg. Ole besorgt Kurzzeitkennzeichen, zurrt die Werkbank, die er für die geplanten Arbeiten gekauft hat, auf der Ladefläche des 1977er Ford fest und startet morgens um fünf Uhr bei TJ im Taunus. Knut, der seinen Kombi bis unters Dach mit allem nur erdenklichen Werkzeug vollgeknallt hat, folgt ihm als „mobile“ Werkstatt. Der Plan: Komplettumbau an einem Wochenende!

Lose Krümmerschrauben am roten Pick-up verursachen auf dem Weg in den Norden immer wieder unplanmäßige Stopps. Der Versuch, sie dauerhaft festzuziehen, scheitert. Dafür bescheren sie Ole und seiner Umwelt so einen Höllenlärm, dass sogar die LKW-Fahrer, die von dem seltsamen Gespann aus roter Radaukiste und voll beladener Familienkutsche überholt werden, sich mit dem Zeigefinger an die Stirn tippen.

Um 13 Uhr sind die Jungs in Hamburg. Um 16 Uhr beginnen sie mit dem Umbau. Sie beschließen, die Kabine des schwarzen 1974ers auf das Chassis des roten 1977ers zu montieren. Nachts um eins ist es dann soweit, der Kabinentausch steht bevor. Die schwarze Kabine balanciert auf Gerüststangen und sonstigem Krempel, den Knut auf dem Bauernhof in Pippensen aufgelesen hat. Nun soll das schwarze Chassis darunter weg- und das rote hingerollt werden. Das Häuschen des 1974er Pick-up schwankt bedenklich. Ein paar Zentimeter fehlen noch. Als Knut mit einem Arm voll Backsteine um die Ecke kommt, zieht Ole die Notbremse. „Mir ist das Herz in die Hose gerutscht, als ich die ganze Chose habe hin- und herschwanken sehen“, erzählt Ole. Er ordnet eine Schrauberpause bis zum nächsten Tag an.

Am Morgen dann hilft der Hofbesitzer mit einem Gabelstapler aus, mit dem die Freunde die Kabine auf das andere Chassis heben. Sonntagmittag ist das neue Gefährt fahrbereit. Zuvor haben Knut und Ole noch den Kabelbaum getauscht und eine Ladefläche zusammengebastelt. Nun ist Ole mit seinem Ford F-100 wieder der König der Landstraße. Es folgen ein paar unbeschwerte Sommer mit dem amerikanischen V8, bis sich in 2007 die nächsten technischen Probleme ankündigen.

Wie die beiden Freunde diese beheben und wie man einen Ford Pick-up in einer deutschen Normgarage komplett restauriert, erfahrt Ihr im letzten Teil unserer Beziehungskistenstory.

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