Eine Zeitreise in drei Akten.

2. Akt: Die Ikonen der Wirtschaftswunderzeit

Die Erfolgsgeschichte von BMW wird zum Drama. Im zweiten Teil unserer Reihe „100 Jahre BMW“ erfahrt ihr, warum das Unternehmen tief in die roten Zahlen rutscht und kurz vor der Übernahme durch einen Konkurrenten steht. Kurz vor zwölf rollt die Rettung heran: BMW kommt mit der „Neuen Klasse“ wieder auf die Räder und erschafft die Ikonen der 1960er-Jahre.

 

1951 – Erste Fahrversuche in der Nachkriegszeit

Das erste Auto, das BMW nach dem Krieg baut, soll ein Paukenschlag werden. Bereits 1948 beginnen die Konstrukteure mit der Entwicklung eines neuen Wagens auf Basis des BMW 326. Im November 1952 dann werden die ersten BMW 501 mit einem 2.0-Liter Reihensechszylinder-Motor und 65 PS an die Händler ausgeliefert. Aufgrund seiner großzügigen Rundungen wird er bald liebevoll „Barockengel“ genannt.

Im November 1952 werden die ersten BMW 501 mit einem 2.0-Liter Reihensechszylinder-Motor und 65 PS an die Händler ausgeliefert. Aufgrund seiner großzügigen Rundungen wird er bald liebevoll „Barockengel“ genannt.

Beeindruckende Fahrleistungen erhält der Barockengel allerdings erst 1954, als BMW dem Luxuswagen – jetzt BMW 502 – einen Achtzylinder-Motor mit Kurbelgehäuse und Zylinderköpfen aus Aluminium verpasst. Ein Meilenstein: Es ist der erste je von BMW gebaute und zugleich der erste deutsche Achtzylinder der Nachkriegszeit. Der Leichtmetall-V8 ist seinerzeit in Europa einmalig. Mit einem Hubraum von 2,6 Litern und einer Leistung von 100 PS macht der 502 mehr Spaß, kostet aber auch deutlich mehr als sein kleiner Bruder.

Und genau das ist das Problem: Vom prestigeträchtigen und opulent ausgestatteten Barockengel können nur etwa 23.000 Einheiten abgesetzt werden. Die schlechten Verkaufszahlen reißen BMW in die roten Zahlen. Die Erlöse decken die Produktionskosten des BMW 501/502 und des 507 nicht annähernd. Und so sind die Achtzylinder-Modelle mitverantwortlich dafür, dass BMW Ende der 1950er-Jahre kurz vor der Übernahme durch einen Konkurrenten steht.

Der Barockengel ist mitverantwortlich dafür, dass BMW Ende der 1950er Jahre kurz vor einer feindlichen Übernahme steht.

1954 – Verschnaufpause mit der Rennsemmel

BMW schlingert in die Krise. Eine zündende Idee muss her, doch es bleibt keine Zeit für eine eigene Planung und Konstruktion. Deshalb erwirbt BMW vom italienischen Hersteller Iso Rivolta die Lizenz zum Bau eines zweisitzigen Kleinstwagen mit Fronttür. Im Gegensatz zum dreirädrigen Original steht die BMW Isetta auf vier Rädern. Sie wird von BMW-Motorradmotoren angetrieben und als „Motocoupé“ vermarktet.

Die Isetta, in München liebevoll „Rennsemmel“ genannt, spiegelt den Zeitgeist des Wirtschaftswunders wider. Mehr als 160.000 Einheiten werden verkauft. Selbst in den USA, im Land der Straßenkreuzer, ist der kleine Zweisitzer gefragt. Doch auch die Isetta kann die roten Zahlen in der Unternehmensbilanz nicht verhindern – aber sie verschafft dem Unternehmen Zeit.

Die Isetta spiegelt den Zeitgeist des Wirtschaftswunders wider. Mehr als 160.000 Einheiten werden verkauft. Doch auch sie kann BMW nicht aus den roten Zahlen hohlen.

1955 – Der Traum von der Isar

Auf der Internationalen Automobil Ausstellung (IAA) in Frankfurt enthüllen die Münchner den BMW 507. Der zweisitzige Roadster mit einem 150 PS-starken Achtzylinder-Motor wird von der Presse als „Traum von der Isar“ gefeiert und entwickelt sich schnell zur Ikone.

Doch den BMW 507 ereilt das gleiche Schicksal wie seine Vorgänger 501/502. Mit 26.500 DM ist er zu teuer. Nur 254 Exemplare werden verkauft, unter anderem an Alain Delon, Ursula Andress und Elvis Presley. Heute sollen noch beachtliche 220 Exemplare existieren, fünf davon in BMW-Besitz.

Nur 254 Exemplare des BMW 507 wurden verkauft. Dieser hier gehörte einmal Elvis Presley und wird derzeit in München restauriert.

1959 – Fünf vor Zwölf

Es kommt zum großen Knall. BMW hat es in der Nachkriegszeit nicht geschafft, den Nerv der Käufer zu treffen. Mit den Modellen der gehobenen Mittelklasse hat sich BMW zwar einen Traum erfüllt, aber nur Verlust eingefahren. Auf der Hauptversammlung der BMW AG am 9. Dezember 1959 verhindert eine Gruppe von Kleinaktionären in letzter Minute die Übernahme durch die Daimler-Benz AG. Großanteilseigner Herbert Quandt entschließt sich zum verstärkten Engagement, das BMW die Eigenständigkeit sichert.

1961 – Die „Neue Klasse“ kommt

BMW konzentriert sich fortan auf den Mittelstand und entwickelt die „Neue Klasse“. Mit dem BMW 1500 bringt der Münchner Autobauer ein Modell auf den Markt, das die Kundschaft offenbar vermisst hat: eine hochwertige Mittelklasse-Limousine. Die Konstrukteure liefern mit dem 1500 einen klar gestalteten Viertürer mit Vierzylinder-Motor und moderner Fahrwerkstechnik.

Mit dem BMW 1500, dem ersten Modell der "Neuen Klasse", trifft BMW die Bedürfnisse des aufstrebenden Mittelstands.

1965 erscheint mit dem BMW 1800 TI/SA die bisher stärkste Modellvariante als Basis für den Motorsport. BMW fertigt 200 Homologationswagen und liefert diese ausschließlich an Renn- und Sportfahrer aus. Mit dem BMW 1800 TI entsteht auch der neue Werbeslogan, der den Erfolg der „Neuen Klasse“ auf den Punkt bringt: „Freude am Fahren“.

1965 erscheint mit dem BMW 1800 TI/SA die bisher stärkste Modellvariante als Basis für den Motorsport.

1966 – BMW wird zum Schreck der linken Spur

Für die 02er-Reihe werden Motoren und Fahrwerkstechnik der „Neuen Klasse“ übernommen. 1966 erscheint der 1600-2, wobei die „2“ für Zweitürer steht. Doch der kleine BMW ist teuer und bleibt eine Randerscheinung. Erst der legendäre 2002 mischt den Markt ordentlich auf. Mit Zweilitermotor, 100 PS und einer Höchstgeschwindigkeit von 170 km/h dominiert er die linke Spur und reckt seine Haifischnase stolz in den Fahrtwind. Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ spricht von einem „übermotorisierten Kompaktauto“ und bezweifelt, dass der unerfahrene Lenker mit so viel Potenz zurechtkommt.

Der legendäre 2002 mischt den Markt ordentlich auf.

1968 – Zurück in die Oberklasse

Mit den neuen Sechszylinder-Modellen BMW 2500 und BMW 2800 wagt sich die Marke erstmals nach mehrjähriger Pause wieder in der Oberklasse. Der BMW 2500 gilt als der direkte Nachfolger des Barockengels. Gleichzeitig ist der E3 auch der erste BMW mit der Typbezeichnung „E“. Er soll gegen die S-Klasse von Daimler Benz und die KAD-Reihe von Opel antreten. Mit Erfolg: Diesmal bleibt die Oberklasse nicht nur ein kurzer, schmerzhafter Ausflug, sondern legt den Grundstein für die erfolgreiche 7er-Reihe, die im Mai 1977 vorgestellt werden wird.

1972 wird die BMW Motorsport GmbH gegründet. Sie ist für alle Rennsportaktivitäten sowie für die Entwicklung und Produktion der BMW M-Modelle zuständig.

1972 – Gründung der BMW Motorsport GmbH

Die BMW Motorsport GmbH wird gegründet. Sie ist für alle Rennsportaktivitäten sowie für die Entwicklung und Produktion der BMW M-Modelle und später, ab 1992, die Individualisierung aller BMW-Modelle (BMW Individual) zuständig. Einer der ersten großen Erfolge war der unter Mithilfe von Alpina gebaute BMW 3.0 CSL. Viele weitere begehrliche Modelle folgten, auf die wir im dritten und letzten Teil unserer Reihe „100 Jahre BMW“ eingehen werden.


Bilder: © BMW Group / Margret Meincken

 

Was ist das Geheimnis von BMW? Warum begeistern uns die Modelle der Marke? Im dritten Teil verrate ich es euch – aber vorher werfen wir noch einen Blick auf die schönsten Modelle der vergangenen 44 Jahre. >>> Weiterlesen

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