Den leistungsstarken V8 artgerecht bewegen und die Beschleunigung hautnah spüren, das wollten fast 80 Besitzer moderner Muscle Cars und nutzten beim Drag Day in Meinerzhagen die Gelegenheit, auf der Viertelmeile ihrem Challenger, Mustang oder Camaro die Sporen zu geben. Doch auch Altblechliebhaber kamen auf ihre Kosten. Neben ein paar älteren Drag-Race-Fahrzeugen blubberten etwa 700 US-Young- und Oldtimer über den Verkehrsflugplatz im Sauerland.

Die Ampel leuchtet rot, es riecht nach verbranntem Gummi. Frank hat gerade die Reifen seines Chevrolet Nova beim Burnen auf einer Eisenplatte auf Temperatur gebracht. Der Nova lauert, sprungbereit wie ein Puma, an der Startlinie, sein Fahrer starrt auf den Christmas Tree. Bloß nicht zu früh den Fuß aufs Gas, aber auch keine Millisekunde zu spät! Gelb. Grün. Der 383 cui-Motor brüllt auf, die Hinterreifen des schwarzen Renners krallen sich mühsam an den Asphalt. Der Nova jagt davon. Der Pick-up, der auf der Nachbarbahn gestartet ist, wird in Franks Rückspiegel immer kleiner.

Nach gut 13 Sekunden sind Spaß und Viertelmeile (402 m) schon vorbei. Der Chevrolet Nova aus den 1960ern ist im Vergleich zu seinen Kontrahenten klein und leicht, dazu mit ein paar klassischen Tuning-Kniffen konsequent auf Rennen umgebaut. Schnelle Zeiten auf der Viertelmeile sind da an der Tagesordnung. Trotzdem sei er voll alltagstauglich, und man könne wunderbar mit ihm cruisen, versichert Frank. Zwar hat er dem schnellen Nova ein For Sale-Schild in die Scheibe gehängt, aber ernsthaft trennen will er sich von seinem Schätzchen nicht.

350 Pferdchen preschen hier richtig vorwärts – ein heißer Chevrolet Nova auf dem Dragstrip.

350 Pferdchen preschen hier richtig vorwärts – ein heißer Chevrolet Nova auf dem Dragstrip.

Um beim Drag Race in Meinerzhagen zu gewinnen, braucht man allerdings noch mehr PS unter der Haube. Fahrzeuge jenseits der 600 Pferdestärken sind heiße Anwärter auf die Siegerpokale.

Drag Day – Race for Fun

„Eigentlich geht es hier nur um den Spaß“, so Veranstalter Marc-Oliver Saxenhammer, auch Mo genannt, der den Drag Day nun zum dritten Mal auf veranstaltet und gern ein Zwei-Tages-Event daraus machen würde. „Hier kann jeder auf sicherem Areal Spaß mit seinem Muscle Car haben“, lautet sein Credo. Baujahre und Leistung sind ihm dabei nicht wichtig. Er ist offen für alle US-Cars. „Mir geht’s um die Community, und die Amifahrer sind einfach die entspanntesten.“

Dennoch finden sich fast nur moderne US-Cars in der auf 80 Plätze begrenzten Starterliste. Mo erklärt das mit dem fehlenden Interesse der Oldtimerfahrer, ihre Schätzchen mal etwas flotter zu bewegen. „Die putzen lieber“, meint er. Zumindest sein gescheiterter Versuch, in Zusammenarbeit mit der German Street Rod Association (GSRA) eine Hot Rod-Klasse für den Drag Day ins Leben zu rufen, bestätigt diese Auffassung. Die Hot Rod-Besitzer hätten nicht einmal reagiert.

Noch viel mehr imposante Muscle Cars und US-Boliden findet ihr in der Galerie vom Drag Day in Meinerzhagen 2016.

Auch Altblech kann schnell

Hans-Jürgen aus Langen hat kein Problem damit, wenn sein Klassiker auch mal getreten wird. Sein selbst restaurierter Vorkriegs-Ford steht mit Jessica am Steuer in der Startaufstellung. Sie wird den Ford mit dem 5,7 l Chevrolet Smallblock zum Abschied noch einmal über die Bahn jagen, denn er ist bereits zugunsten neuer Projekte verkauft.

Jessica will den V8 zum Abschied nochmal fliegen lassen, der Ford ist bereits verkauft

Jessica will den V8 zum Abschied nochmal fliegen lassen, der Ford ist bereits verkauft.

Ein paar weitere Oldtimer finden sich unter den Drag Race-Teilnehmern. So lehren ein Coronet und ein Dart aus dem Hause Dodge sowie ein Plymouth Duster und ein Chevrolet Pick-up aus den 1950ern die junge Konkurrenz das Fürchten. Allerdings sind alle konsequent zum Drag Racer umgebaut, mit mächtigen Gummiwalzen auf der Hinterachse und ordentlich PS-Zuwachs unter der Haube. Serienfahrzeuge aus den 1950er bis 1970er-Jahren hätten kaum Chancen gegen eine Corvette C7 oder einen Challenger Hellcat der Neuzeit.

Nur zum Stöbern ist Torsten aus Dortmund gekommen. Sein 1948er Plymouth, den er von einem älteren Herren aus Castrop-Rauxel gekauft hat, kann die Spuren seines langen Daseins nicht verbergen. Aber Torsten mag den Used Look und die Patina und hat an der ein oder anderen Stelle sogar ein bisschen nachgeholfen. „Technisch ist alles top, der ist noch nie geschweißt worden“, versichert Torsten stolz.

Man darf einem Auto sein Alter ruhig ansehen, wenn es so viele Geschichten zu erzählen hat wie dieser Plymouth

Man darf einem Auto sein Alter ruhig ansehen, wenn es so viele Geschichten zu erzählen hat wie dieser Plymouth.

Showprogramm und Händlermeile

Ein Showprogramm mit der Drag Race-Größe Gerd Habermann und Stuntfahrer Jürgen Köhler alias Iron Bone, eine Händlermeile mit Werkzeug-Stand (Juhu, endlich mal kein Billigkram!), Pinstriper, Szene-Klamotten und Accessoires, Essen und Trinken aus Airstreams, Live-Musik im Rockabilly-Sound, Sonne satt und viel Platz auf dem weitläufigen Flugfeld für die zahlreichen Old- und Youngtimer machen den Drag Day Meinerzhagen zu einer rundherum gelungenen Veranstaltung, die einen festen Platz im Terminkalender eines US-Car-Enthusiasten verdient.

Gewonnen hat übrigens Altblech. Marco und sein 1975er Ford Maverick waren mit 800 PS und 10,654 Sekunden auf der Viertelmeile in der Königsklasse ab 6,2 l Hubraum unschlagbar. Hubraum ist eben doch durch nichts zu ersetzen…

Mit diesem Blick muss man einfach gewinnen – Marcos Maverick.

Mit diesem Blick muss man einfach gewinnen – Marcos Maverick.


Noch viel mehr imposante Muscle Cars und US-Boliden findet ihr in der Galerie vom Drag Day in Meinerzhagen 2016.

Jutta Steinbrück-Weiß