Alte Autos haben eine Seele. Eine sehr sensible Seele. Die psychischen Probleme bei Youngtimern nehmen zu. Das liegt vor allem daran, dass es Youngtimer in unserer Gesellschaft schwer haben: Restaurierte Oldtimer schauen auf sie herab, hauen ihnen arrogante Sprüche um die Rückspiegel oder drehen ihnen den verchromten Rücken zu. Neuwagenfahrer beschimpfen sie als Dreckschleudern oder Schrottkisten und fragen Alt-Auto-Fahrer an der Tankstelle, ob sie kein Geld für ein „richtiges Auto“ hätten. All das sind große Belastungen im Alltag eines Youngtimers. Jahrelang wurde das Seelenleben der Klassiker unterschätzt. Deshalb möchte ich hier die vier häufigsten psychischen Erkrankungen sowie mögliche Therapieansätze vorstellen.

Selbstverletzung

Depressive Youngtimer neigen dazu, sich selbst zu verletzen. Sie verstümmeln Leitungen und reißen Schläuche auf. Das Symptom geht häufig einher mit äußerlicher Verwahrlosung. So ist bei depressiven Youngtimern ein ungepflegtes Hautbild, ein aufgekratztes Blechkleid oder schlampiges Schuhwerk häufig zu beobachten. Selbstverletzungen treten vor allem in einem Umfeld auf, in dem Youngtimer nicht akzeptiert werden. Sie fühlen sich minderwertig und alt. In diesem Fall müssen Sie äußerst behutsam vorgehen. Eine Gesprächstherapie ist hier ideal.

Ich empfehle 10-15 Sitzungen. Achten Sie darauf, dass es Ihr Youngtimer gemütlich hat und gut steht. Am besten sind eine leicht beheizte Garage und ein weicher Untergrund. Schaffen Sie eine Wohlfühlatmosphäre. Nun setzen Sie sich neben Ihr Auto und hören einfach zu. Schreiben Sie auf keinen Fall mit, das verunsichert alte Autos sehr. Fallen Sie ihm nicht ins Wort und drängen Sie es nicht. Achten Sie besonders auf die Tonlage: liegt Nervosität oder Aggression darin? Aus kleinen, versteckten Äußerungen wie einem Räuspern oder einem leichten Stottern lässt sich viel herauslesen.

Bei diesem depressiven Golf Cabriolet ist die Verwahrlosung vor allem im Bereich des Stoffverdecks zu erkennen.

Bei diesem depressiven Golf Cabriolet ist die Verwahrlosung vor allem im Bereich des Stoffverdecks zu erkennen.

Psychosomatische Erkrankungen

Viele Youngtimer leiden unter physischen Beschwerden, die eine psychologische Ursache haben. Gelenkschmerzen, Magenbeschwerden oder Atemprobleme sind häufig auf eine labile Seele zurückzuführen. Achten Sie auf einen schiefen Gang oder ein leichtes Lahmen, schleifende Lager und gerissene Achsmanschetten. Viele Youngtimer atmen zu viel ein und leiden unter Verbrennungsbeschwerden oder Appetitstörungen. Sie essen zu viel und laufen zu fett. Gewichtszunahmen sind hier keine Seltenheit.

Bei psychosomatischen Erkrankungen gibt es drei mögliche Bewegungstherapien:

Yoga: Begleiten Sie Ihren Youngtimer auf einer meditativen Ausfahrt über leicht hügelige Landstraßen. Achten Sie darauf, dass die Fahrt nicht zu anstrengend ist. Fahren Sie ausschließlich bei sonnigem Wetter oder leicht bewölktem Himmel. Schlechtes Wetter fördert die Depression.

Gruppentanz: Mancher Youngtimer blüht erst in Gesellschaft wieder so richtig auf. Er muss unter Autos, Freunde treffen, sich mit Gleichaltrigen austauschen. Gemeinsam können die alten Autos Spaß haben und die Landschaft erkunden. Lassen Sie ihn spielen!

Ausdruckstanz: Nicht selten fehlt es dem Klassiker an Herausforderung. Fordern Sie Ihr Auto. Kitzeln Sie die letzten Kraftreserven aus ihm heraus. Fahren Sie anspruchsvolle Bergstrecken oder mit Vollgas über eine geeignete Autobahn. Im Winter sorgt vor allem das Driften für sehr viel Freude. Helfen Sie Ihrem Youngtimer dabei, wieder Spaß am Leben zu haben. Neigt Ihr Youngtimer zu Depressionen, beginnen Sie zunächst mit der meditativen Ausfahrt.

Dieser schwerkranke Audi 100 wird nach einem Suizidversuch in ein Hospiz eingeliefert.

Dieser schwerkranke Audi 100 hat es nicht geschafft: Er wird nach einem Suizidversuch in ein Hospiz gebracht.

ADHS – Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung

Verhaltensauffälligkeiten, insbesondere die ADHS, nehmen unter Youngtimern spürbar zu. Allerdings ist die Diagnose nicht ganz einfach. Häufig beobachtet werden Leerlaufschwankungen, die bis zum Absterben des Motors reichen können, entladene Batterien, singende Benzinpumpen oder klackernde Hydrostößel. Der Youngtimer versucht mit aller Macht, die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Verlieren Sie in diesem Fall bitte nicht gleich die Nerven!

Bei ADHS wird schnell der Rezeptblock gezückt. Doch Vorsicht – Anti-Depressiva in Form von Additiven sind nur eine kurzfristige Lösung. Um eine Therapie kommen Sie nicht herum. Außerdem sind die Nebenwirkungen der Mittelchen nicht zu unterschätzen. Bei vielen Youngtimern nimmt der Appetit zu, einige werden träge und schläfrig. Behalten Sie also im Hinterkopf, dass Sie mit einer medikamentösen Behandlung nur die Symptome unterdrücken, nicht die Ursache bekämpfen. Aber sie ist ein erster Schritt, um das Auto erst einmal „runterzuholen“. Denn nicht nur für Sie ist die Hyperaktivität Ihres Youngtimers anstrengend, sie belastet auch das Herzkreislaufsystem des Betroffenen.

Leiden Youngtimer unter einer Angststörung, hilft die Kunsttherapie. Was möchte Ihnen der Youngtimer mit diesem Werk sagen?

Leiden Youngtimer unter einer Angststörung, hilft die Kunsttherapie. Was möchte Ihnen der Youngtimer mit diesem Werk sagen?

Angststörungen

Eine verbreitete Angststörung ist die Soziophobie. Das Auto entwickelt eine regelrechte Panik vor seinen Artgenossen und der Umwelt. Es traut sich kaum noch aus der Garage. Ängstliche Youngtimer zeigen häufig ein Zittern, bis hin zu einem starken Schütteln. Panikattacken äußern sich durch einen stark erhöhten Leerlauf, Schweißausbrüche und Zündaussetzer. Ursachen hierfür können Misshandlungen oder andere traumatische Erlebnisse sein.

Hier ist eine Kunsttherapie das Mittel der Wahl. Malen und Zeichnen fördert Dinge aus dem Unterbewusstsein zutage, die den Youngtimer belasten. Achten Sie darauf, mit welcher Intensität Ihr Auto malt: klatscht es die Farben auf den Asphalt oder trägt es sie sanft auf? Malt es bunt oder nur mit schwarzen Farben? Youngtimer können dank verschiedener Flüssigkeiten sehr kreativ werden: Sie malen mit Motor-, Getriebe- und Hydrauliköl und verdünnen mit Kühlwasser. Deuten Sie die Bilder. Was erkennen Sie? Wirken die Bilder dunkel und schwermütig oder hell und freundlich? Gefährlich wird es, wenn Youngtimer auch mit Benzin malen. In diesem Fall reicht eine Kunsttherapie nicht mehr aus. Dann muss das Fahrzeug dringend zum Urologen.

Warum das alles? Weil wir in Wahrheit doch alle einen Autopsychologen brauchen. Gut, vielleicht nicht alle. Aber mein Audi V8 – und ich. Die Vorgeschichte findet ihr unter Gedanken über Liebe und Trennung und unter Heiß, heiß Baby.

 

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