Howard zündet seinen letzten Zigarillo an. Feierabend auf dem Schrottplatz. Gleich wird er das schwere Eisentor schließen. Grau-schwarze Wolken hängen über dem Schrottplatz am Stadtrand von Torrington an der Sheep Creek Road, die zur Justizvollzugsanstalt Wyoming führt. Nieselregen staubt durch die Luft, Wind lässt das Gras am Rande des Kiesplatzes tanzen. Howard ist 73 Jahre alt und arbeitet hier seit 1982 als Verwerter. Er ist schlank und hochgewachsen. Ein grauer Bart ziert sein Schmunzeln, buschige Augenbrauen wölben sich über seinen dunkelbraunen, klaren Augen. In den vergangenen 32 Jahren hat er viele Autos verschrottet, geschlachtet und in Einzelteilen verkauft. Nur drei hat er nie angerührt. Er zeigt auf die Fahrzeuge, die im hinteren Teil des Areals stehen, und beginnt zu erzählen.

Tico kommt gerade aus der Bar, als er Geschrei in einer Seitenstraße hört. Es ist zwei Uhr nachts und er ist endlich fertig mit dem Gläserspülen und Tischeabwischen. Er ist müde, aber zufrieden. Der 28-jährige Mexikaner ist untersetzt und muskulös. Er hält sich mit zwei Jobs über Wasser, lebt in einem kleinen Appartement in San Diego und schickt jeden Monat Geld nach Mexiko, wo seine Mutter und seine vier kleinen Geschwister in einer Welt aus Armut und Gewalt leben. Er hat es geschafft. Besonders glücklich macht ihn das zitronengelbe Chevrolet Impala Cabriolet mit dem dunkelroten Verdeck, für das er jahrelang gespart hat. Jedes Mal, wenn er auf das weinrote Kunstleder gleitet, über das große Lenkrad streicht und mit dem Zeigefinger die Linie des Bandtachos entlangfährt, strahlt sein rundes Gesicht.

Tico geht auf den Impala zu, den er ein paar Häuser weiter am Straßenrand geparkt hat, und erkennt in dem Geschrei die Stimmen seiner Freunde. Er zögert. Dann biegt er in die Seitenstraße, woher der Lärm dringt, und gerät in eine Fehde zwischen zwei Straßengangs. Seine Mutter hat ihn immer vor den falschen Freunden gewarnt. Dunkelhäutige Mexikaner bauen sich vor weißen Amerikanern auf. Die Männer fluchen und drohen mit vorgehaltenen Fäusten. Tico versucht zu schlichten, spricht in ruhigem Ton mit seinen Freunden. Das Gebrüll verwandelt sich in erste Handgreiflichkeiten. Gewalt und Hass liegen in der Luft. Ein Weißer reißt ein Messer aus seiner Jackentasche. Er rammt die blitzende Klinge in Ticos Oberkörper und zieht sie mit schmatzendem Geräusch wieder heraus. Dann stößt er wieder zu. Acht Mal sticht er auf Tico ein. Blut quillt aus den klaffenden Wunden. Tico saugt ruckartig Luft in seine zerschnittene Lunge, gurgelt Blut und stöhnt ein ersticktes „Hilfe“. Der Weiße erhebt sich, blutverschmiert, halb wahnsinnig, und flieht mit seiner Gang. Ticos Körper liegt wie ein aufgeschlitzter Altkleidersack am Boden. Er blickt ihnen nach und sieht ein letztes Mal die Weißwandreifen seines zitronengelben Impala aufleuchten. Dann schließt er die Augen.

Howards Blick ruht noch für einen Moment auf dem Chevrolet. Er zieht an seinem Zigarillo und inhaliert den Rauch tief bis in die letzten Lungenbläschen. „Die drei verbindet etwas,“ brummt er, während graublauer Qualm aus seinem Mund strömt. Dann schließt er die Augen, atmet tief ein, als müsse er sich sammeln, um die ganze Geschichte erzählen zu können.

Katze