Er rostet wie ein Lada und rumpelt wie ein LKW. Dennoch ist der Mitsubishi Pajero Canvas Top vermutlich das einzige, echte Offroad-Cabriolet. Johannes Wohlmannstetter hat eines der letzten Exemplare gerettet und restauriert.

Im zarten Alter von zwei Jahren buddeln Kinder mit Schaufel und Sieb im Sandkasten. Normalerweise. Johannes Wohlmannstetter wühlt stattdessen mit Schraubenschlüsseln im Schlick der Grube des väterlichen Autohauses. Mit drei Jahren jagt er die Mechaniker mit der Druckluftpistole durch die Werkstatt. Mit vier Jahren erhält er ein Kinderauto mit Elektroantrieb. Begeistert quetscht er seine große Schwester auf den Beifahrersitz und surrt durch den Verkaufsraum. Das Spaßmobil ist ein Mitsubishi Pajero. Seine erste große Liebe.

Papa Wohlmannstetter schenkt seinem Sohn einen elektrischen Mitsubishi Pajero zum Geburtstag.

2014, 20 Jahre später, kauft der inzwischen gelernte Mechatroniker das Auto, in dem er schon als Kind seine Runde drehte: einen Mitsubishi Pajero Canvas Top, Baujahr 1989. Für 1.000 Euro erhält er einen Geländewagen mit korrodierter Hinterachse, aufgeplatzten Radhäusern und ausgefransten Löchern in den Bodenblechen. Und damit sind wir direkt beim größten Feind des L040 angelangt: Rost.

Wer Pajero fahren will, darf vor Karosseriearbeiten nicht zurückschrecken. Auch Wohlmannstetter lässt sich nicht beirren. Er verstärkt die Hinterachse, setzt Teilersatzbleche in die Seitenwände ein und schweißt die Löcher im Unterboden zu, durch die man zuvor noch die Vorderreifen betrachten konnte.

Pajero heißt: Schweißen und spachteln

Das Rostproblem teilt sich der Pajero übrigens mit seinen Konkurrenten wie dem Isuzu Trooper I oder dem Jeep CJ-7. Hätte man die Bleche in den 1980er-Jahren vernünftig grundiert und weniger sparsam lackiert, wären von den ursprünglich 82.005 in Deutschland zugelassenen Pajero L040 heute vermutlich noch etwas mehr als knapp 1.000 Stück übrig.

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Dennoch hinterlässt der Kurze einen bleibenden Abdruck in der Automobilgeschichte. Der Pajero ist der erste Geländewagen von Mitsubishi, der auf dem europäischen Markt angeboten wird. Sein Urvater, der Mitsubishi Jeep, durfte nie aus Japan exportiert werden. Kaum im Westen angekommen, lehrt der L040 im Jahr 1985 bei der Rallye Paris-Dakar seine Gegner das Fürchten.

Bis heute ist Mitsubishi mit zwölf Gesamtsiegen von 38 Rennen der erfolgreichste Hersteller der Wüsten-Rallye. Kein Wunder: Der kompakte Japaner mit Einzelradaufhängung an der Vorderachse, zuschaltbarem Allrad und Geländeuntersetzung kraxelt durch Kies- und Sandgruben, als wären Feldwege eine bloße Beleidigung.

Dabei nagelt der 2.5 TDI Intercooler mit 95 PS, dass die Karosse nur so bebt. Die Dieselmotoren des L040 gelten im Allgemeinen als anfällig. Vor allem die Zylinderkopfdichtung geht bei dem Genagel gerne mal flöten. Auch Wohlmannstetters Pajero erhielt bereits mit 115.000 km seine zweite Kopfdichtung. Häufig waren außerdem die Getriebe zu schwach ausgelegt. Ein Ratschen oder Knirschen beim Einlegen der Gänge verrät den Verschleiß. Ab Mitte der 1980er besserte Mitsubishi nach, verstärkte die Getriebe und tüftelte an den Motoren.

Cabriolet mit echten Offroad-Genen

Wer einen Mitsubishi Pajero Canvas Top der späteren Baujahre ergattert, freut sich über ein vielseitiges Cabriolet mit echten Offroader-Genen. Denn die kleine Krawallkiste ist wie ein Geschenk: Nach dem Öffnen kommt Freude auf. Das hintere Verdeck, das sogenannte Fetzendach, bietet diverse Öffnungsmöglichkeiten. An heißen Tagen reicht es, beide Seiten und das Heckfenster unabhängig voneinander hochzurollen. Für echtes Cabrio-Feeling kann man das gesamte Verdeck nach hinten klappen oder komplett herausnehmen. Das Targa-Dach über Fahrer und Beifahrer lässt sich abknöpfen und über eine Schiene herausziehen.

Der Mitsubishi Pajero Canvas Top L040 komplett offen

Gerade diese perfekte Symbiose aus Cabriolet, Offroader und Spaßmobil ist es, die Wohlmannstetter so begeistert. An schönen Tagen öffnet er das Verdeck, klettert auf den straffen Teilledersitz und schmeißt die Maschine an. Der 2.5 TDI stampft los wie ein Schiffsdiesel. Er legt den ersten Gang ein und kurbelt nach links. Mit kaum spürbarer Servolenkung.

Der Pajero klingt nicht nur wie ein LKW, sondern fährt sich auch wie einer. Das wagenradgroße Lenkrad sollte man allerdings immer mit beiden Händen festhalten, denn der Stahlblechwürfel hüpft über die Straße wie beim Kniffel. Die schwammige Lenkung ist den empfindlichen Spurstangenköpfen geschuldet und wird mit Breitreifen nur noch schwammiger.

Der Mitsubishi Pajero Canvas Top nach der Restaurierung

Nun aber raus ins Gelände. Der Diesel dröhnt, die Haare fliegen. Klangfetzen von „Looking for freedom“ rauschen am Ohr vorbei. Egal. Die Karre fährt man nicht wegen des qualitativ hochwertigen Kassettenradios. Der Angstgriff des Beifahrers ist vorne oberhalb des Handschuhfachs angebracht. Falls der Fahrer den Stéphane Peterhansel in sich entdeckt. So wie Wohlmannstetter, der sich mit dem Pajero Canvas Top seinen Kindheitstraum erfüllt hat. Alte Liebe rostet eben (doch) nicht.

Stolz posiert Johannes Wohlmannstetter vor seinem Mitsubishi Pajero Canvas Top, in der Hand die AUTO BILD KLASSIK, in der sein Fahrzeug erschien.

Dieser Artikel ist in gekürzter Fassung erschienen in der AUTO BILD KLASSIK, Ausgabe 04/2016.

Eure Katze

Informationen und Daten

Ein klares Plus des Pajero Canvas-Top ist die Geländegängigkeit in Verbindung mit dem vielseitigen Stoffverdeck. Schrauber freuen sich über die einfachen Systeme und ausreichend Platz im Motorraum. Leider ist die Karosserie ab Werk miserabel vor Korrosion geschützt. Besonders Bodenbleche, Radhäuser, Schweller, Seitenwände sowie die gesamte Heckpartie rosten gerne durch.

Bei den früheren Baujahren waren die Getriebe häufig zu schwach ausgelegt. Finger weg, wenn es beim Einlegen der Gänge ratscht und knirscht. Eine weitere Schwachstelle der früheren Modelle sind die Dieselmotoren, die mit gerissenen Zylinderköpfen und durchgebrannten Kopfdichtungen ins Geld gehen können. Die schwammige Lenkung ist den empfindlichen Spurstangenköpfen geschuldet und wird mit Breitreifen nur noch schwammiger.

Händler und Autohäuser haben noch einige Schätze auf Lager. So findet man zum Beispiel noch ein neues Getriebe für knapp 3.600 Euro. Auch ganze Karosserieteile wie Seitenwände sind noch vorhanden (884 Euro). Ein großer Zulieferer für Ersatzteile ist FOS-Autoteile.de. Ein Teilersatzblech für die Seite hinten kostet hier etwa 100 Euro. Sattler Toni Dandl in Mühldorf am Inn, der einst die Originaldächer für den Pajero Canvas Top anfertigte, bietet heute noch Ersatzverdecke an, sofern das Gestänge noch intakt ist (ab 1428,00 Euro).

Motor: 2500 TD, Reihen-Vierzylinder Turbodiesel mit 2477 cm3 Hubraum • eine obenliegende Nockenwelle • Abgasturbolader • Antrieb über Zahnriemen • Leistung 70 kW (95 PS) bei 4200/min • max. Drehmoment 235 Nm bei 2000/min

Antrieb/Fahrwerk: Fünf-Gang-Schaltgetriebe • Heckantrieb • zuschaltbarer Allrad • Geländeuntersetzung • Vorderachse: Einzelradaufhängung an Doppelquerlenkern, Teleskopstoßdämfper und Stabilisator • Hinterachse: zwei diagonal und versetzt angeordnete Teleskopstoßdämpfer, eliptische Blattfedern • Originalbereifung 215SR15

Maße: Radstand 2350 mm • L/B/H 3995/1680/1820 mm • Leergewicht 1510 bis 1630 kg (abhängig von Sonderausrüstung)

Fahrleistungen/Verbrauch: Max. 140 km/h • Verbrauch (Drittelmix) 11 Liter Diesel

Neupreis: 27.700 DM (1985)


Text: Margret Meincken / Bilder: Johannes Wohlmannstetter und Dennis Sahl

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